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Buch: „Robuste Langzeit-Governance bei der Endlagersuche“

In einem Sammelband haben sich drei Forschende aus dem Öko-Institut den vielen Dimensionen der Endlagersuche gewidmet und sich an der Zusammenfassung der Ergebnisse der langjährigen Forschungsarbeit beteiligt.

Die Endlagersuche erfordert die Zusammenarbeit verschiedener Akteure: da findet sich die Politik, die den Prozess in Gesetzen und Verordnungen festschreibt, die Verwaltung und die Vorhabenträgerin, die den Prozess strukturieren und durchführen und dafür Sorge tragen müssen, dass die erforderlichen Grundlagen vorhanden sind bzw. erarbeitet werden sowie Informationen bereit- und den Einbezug weiterer Akteure sicherstellen. Zudem ist da die Wissenschaft, die beispielsweise den geologischen Untergrund der möglichen Standorte untersucht, und Bürgerinnen und Bürger, die auch, aber nicht nur, Anlieger betroffener Kommunen sein können und am Auswahlprozess beteiligt werden möchten.

Die Suche nach einem Endlager für den Atommüll ist eine vielschichtige Aufgabe, die sowohl technische als auch gesellschaftliche und politische Dimensionen umfasst. Die Autorinnen und Autoren des Buchs „Robuste Langzeit-Governance bei der Endlagersuche“ sehen dies als besondere Herausforderung:

„Die radioaktiven Abfälle behandeln wir in diesem Band als eine »soziotechnische Tatsache«, die nur durch Wissen, den Austausch von Informationen und als Ergebnis eines gesellschaftlichen Dialogs so sicher wie möglich eingelagert werden können.“ (Seite 9)

Es wird betont, dass der Umgang mit Risikotechnologien wie dem Rückbau von Kernkraftwerken und der Einlagerung des hochradioaktiven Abfalls unbedingt die „Beteiligung aller interessierten gesellschaftlichen Akteure“ erfordert und eben nicht allein durch die technische Entwicklung und politische Entscheidung bestimmt werden kann.

Daraus ergibt sich die Frage, wie die technische und soziale Dimension zusammenwirken. Damit haben sich die Projektbeteiligten des „SOTEC-radio“-Projekts in langjähriger Forschungsarbeit beschäftigt und die Ergebnisse nun in einem Buch festgehalten. Neben dem Öko-Institut in Darmstadt und Freiburg waren die Kolleginnen und Kollegen des Instituts für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS) am KIT in Karlsruhe und des Forschungszentrums für Umweltpolitik (FFU) der Freien Universität Berlin beteiligt.

Von einer nuklearen Technopolitik zur vielschichtigen Endlagerpolitik

Die Autorinnen und Autoren geben zunächst einen konzeptionellen und geschichtlichen Überblick, in dem sie auf die Anfänge der Atomkraft, aber auch andere soziotechnische Prozesse eingehen. In einem nächsten Abschnitt geht es um die Regulierung und Interdependenzen im Prozess, bei dem vor allem die Ansprüche an die Endlagerpolitik, die Rolle von Beratungs- und Expert*innen-Gremien sowie institutionelle Herausforderungen im internationalen Vergleich definiert werden.

Anspruch auf Reversibilität und Lernen

Im Umgang mit komplexen Strukturen und risikobehafteten Situationen, wie sie in der Entsorgung hochradioaktiver Abfälle stattfinden, ist Reversibilität (Umkehrbarkeit) ein zentraler Schlüsselbegriff.

„Ein Kriterium für Reversibilität ist, dass Fehlentscheidungen, die zu unerwünschten Ergebnissen führen könnten, entweder nicht getroffen werden sollten oder aber zumindest revidierbar sein sollten.“ (Seite 301)

Die Autorinnen und Autoren diskutieren Ansprüche an den Umbau und die Umkehrbarkeit von Prozessen und Entscheidungen, die eine Überprüfbarkeit und Anpassungsfähigkeit von Planungs- und Entscheidungsprozessen voraussetzen. Die Berücksichtigung von Reversibilität im Entsorgungssystem gewährleistet so, dass auf veränderte gesellschaftliche Rahmenbedingungen oder wissenschaftliche Erkenntnisse reagiert und der Prozess dementsprechend angepasst werden könnte und damit ein Lernen stattfindet. Dabei ist Voraussetzung, dass die beteiligten Akteure lernen, also sowohl innerhalb der jeweiligen Organisationen als auch im Austausch zwischen diesen und mit weiteren Akteuren. Dieser Anspruch ist gesetzlich im Standortauswahlgesetz (StandAG 2017, §2) verankert.

Komplexe Aufgabe für eine lange Zeit

Zuletzt nimmt das Autorenteam die zeitliche Dynamik in den Blick, denn immerhin sollen die hochradioaktiven Abfälle über Millionen von Jahren im Untergrund eingelagert werden. Das erfordert die Planung auf lange Zeit, um bei möglichen Veränderungen wie politischen oder gesellschaftlichen Krisen eine größtmögliche Sicherheit für die Endlagerung des Atommülls gewährleisten zu können.

Hier muss also eine robuste Langzeit-Governance gestaltet werden. Aber wie kann das gelingen? Durch die Zusammenarbeit der vielen verschiedenen Akteure auf gesellschaftlicher, politischer und wissenschaftlicher Ebene.

Das Buch gibt einen umfassenden Überblick über alle wichtigen Dimensionen der Endlagersuche und bietet wissenschaftlich fundierte Empfehlungen, wie eine solche anspruchsvolle Aufgabe wie die Endlagerung hochradioaktiver Abfälle gelingen könnte.

Mitherausgeberin, Autor und Autorin aus dem Öko-Institut:

Bettina Brohmann, Melanie Mbah, und Saleem Chaudry sind als Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Öko-Institut mit Themen der Entsorgung radioaktiver Abfälle im Bereich Nukleartechnik & Anlagensicherheit am Standort Darmstadt befasst.

Die Autorin des Blogbeitrags, Hannah Oldenburg, ist im Referat Öffentlichkeit & Kommunikation für die Kommunikation der wissenschaftlichen Inhalte über die sozialen Medien und die Redaktion des neuen Podcasts zuständig.

Weitere Informationen

Kostenfreier Download des Buches „Langzeit-Governance bei der Endlagersuche“

Thementext „Endlagerung“ des Öko-Instituts

„Was bringt die Bürgerbeteiligung bei der Endlagersuche?“ – Episode 3 des Podcasts „Wenden bitte!“

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