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Circular Economy – warum Deutschland eine echte Kreislaufwirtschaft braucht

Der Begriff ist in aller Munde und für die Einhaltung der Klimaschutzziele ist die Circular Economy ein wichtiger Bestandteil des EU-Green Deal. Woran das Öko-Institut gerade forscht und was wir darunter verstehen, haben wir hier zusammengestellt.

Der Begriff ist in aller Munde und für die Einhaltung der Klimaschutzziele ist die Circular Economy ein wichtiger Bestandteil des EU-Green Deal. Woran das Öko-Institut gerade forscht und was wir darunter verstehen, haben wir hier zusammengestellt.

Die Kreislaufwirtschaft (Circular Economy) ist ein wichtiger Baustein für den Klima- und Ressourcenschutz. Momentan bewegt sich der Rohstoffkonsum in Deutschland mit circa 16 Tonnen pro Kopf und Jahr auf einem sehr hohen Niveau. Er liegt 10 Prozent über dem europäischen Durchschnitt (Umweltbundesamt 2018). Der globale Materialeinsatz wird sich laut einer OECD-Studie von 79 Gigatonnen im Jahr 2011 auf 167 Gigatonnen im Jahr 2060 verdoppeln. Eine Circular Economy hat laut Schätzungen das Potenzial, die globalen Treibhausgasemissionen um knapp 40 Prozent und den Verbrauch von Rohstoffen um knapp 30 Prozent zu reduzieren. Aktuell sind nur 8,6 Prozent der globalen Weltwirtschaft zirkulär (Circularity Gap Report 2022). Es ist also viel Luft nach oben. Entsprechend bildet die Circular Economy eine der zentralen Säulen des EU-Green Deals, auch als Beitrag zum Ziel bis 2050 treibhausgasneutral zu sein.

 

Doch was ist eine Circular Economy?

Der englische Begriff Circular Economy umfasst mehr als das deutsche Wort „Kreislaufwirtschaft“. Im Deutschen wird Kreislauf- oft mit Abfallwirtschaft gleichgesetzt und darauf reduziert.

Circular Economy ist weit mehr als eine Abfallwirtschaft:

  • Sie strebt nicht nur danach, die Rohstoffkreisläufe zu schließen (beispielsweise durch Urban Mining), sondern insgesamt die Ressourcenkreisläufe zu verlangsamen. Dabei geht es um die Materialien in Abfällen, aber auch von Gebäuden, Fahrzeugen oder Textilien.

  • Sie kennt Konzepte wie Abfallvermeidung, Wiederverwendung oder Reparaturen.

  • Sie setzt bereits beim Design von Produkten an, befasst sich mit ihrer Herstellung ebenso wie mit ihrer (Nach-)Verwendung. Die Verringerung des Konsums ist ein wichtiger Baustein auf dem Weg zur Circular Economy. (eco@work September 2022)

Deswegen verwenden wir „Circular Economy“.

 

Ein neues Wirtschaftsmodell

„Wenn wir über Circular Economy sprechen, reden wir über nichts anderes als ein neues Wirtschafsmodell. Über einen ökologischen Strukturwandel und einen Paradigmenwechsel gleichermaßen“, sagt Siddharth Prakash, Senior Researcher am Öko-Institut. „Die Circular Economy ist ein zentrales Handlungsfeld der nachhaltigen Transformation, da sie die Treibhausgasemissionen ebenso berührt wie Biodiversitätsverluste, Ressourceninanspruchnahme und Schadstoffbelastungen.“

Die Circular Economy vereint also alle Herangehensweisen, die zu dieser Art neuen Wirtschaftens führen. Es gibt verschiedene Handlungsstrategien:

  • Ressourcenflüsse verlangsamen: z.B. durch das Design von langlebigen Gütern (beispielsweise Multifunktionalität, Haltbarkeit, Modularität, Möglichkeit zum Upgrade) und Verlängerung der Nutzungsdauer (durch Reparatur, Wiederaufbereitung);

  • Nutzung von Produkten intensivieren: Maßnahmen, Geschäftsmodelle und Praktiken, die verschiedenen Formen des Teilens von Produkten (Sharing) und Konzepte der Kategorie „Product-as-a-Service“, also Leasing, anregen;

  • Ressourcenströme verringern: Ressourceneffizienz mit dem Ziel des Einsatzes von weniger Ressourcen pro Produkteinheit;

  • Materialsubstitution: wo es sinnvoll ist durch Einsatz von nachwachsenden Rohstoffen oder Ersatz von Schadstoffen durch nachhaltigere Substanzen;

  • Ressourcenkreisläufe schließen: zum Beispiel durch hochwertiges werkstoffliches Recycling.

Circular Economy in Deutschland: integrierte Kreislaufwirtschaftsstrategie

Eine neue, integrierte Kreislaufwirtschaftsstrategie ist das Ziel der Bundesregierung. Allerdings existiert für Deutschland keine ganzheitliche ökologische und ökonomische Folgeabschätzung einer Circular Economy. Diese wissenschaftliche Analyse steht noch aus.

Die Regierung plant, die integrierte Kreislaufwirtschaftsstrategie in einem Prozess mit allen relevanten Akteur*innen zu erarbeiten. Um diesen Prozess mit wissenschaftlich Analysen zu unterstützen, hat der WWF Deutschland die Studie „Modell Deutschland Circular Economy“ beim Öko-Institut, dem Fraunhofer ISI und der FU Berlin beauftragt.

 

Politik-Blueprint Deutschland „Circular Economy“

Diese Modellierung der ökologischen und ökonomischen Folgenabschätzung einer ganzheitlichen Circular Economy soll als Grundlage für die Auswahl der effektivsten Politikinstrumente dienen und zeigen, wie eine Circular Economy in Deutschland aussehen und umgesetzt werden kann. Als Ergebnis wird ein Politik-Blueprint mit wirksamen Politikinstrumenten vorliegen.

Wie und welche Circular-Economy-Maßnahmen zu den deutschen Klimaschutzzielen und zum Ressourcen- und Biodiversitätsschutz beitragen, wird das Modell zeigen. Auch die Kosten für den Umbau der Wirtschaft und Investitionen werden berücksichtigt. Die umzubauenden Sektoren und die zu berücksichtigenden Produkte und Materialien werden aufgezeigt. In welchen Sektoren wird die Circular Economy die größte Wirkung haben?

Die Modellierungsergebnisse sowie der Politik-Blueprint Circular Economy sollen bis März 2023 vorliegen.

 

Vorbereitung des Modells: Die Machbarkeitsstudie

Als erster Schritt wurde eine Machbarkeitsstudie durchgeführt. Sie ergab, dass es möglich ist, ein Modell für Deutschland zu entwickeln, auch wenn es dabei einige Herausforderungen gibt. In der Machbarkeitsstudie für die Modellstudie wurden wichtige Sektoren und Bewertungen zusammengetragen.

Siddharth Prakash, Leiter des wissenschaftlichen Konsortiums, erklärt: „Entwickelt wurde ein hybrides Bewertungsmodell aus verschiedenen Ansätzen, das die unterschiedlichen Sektoren berücksichtigt. Dadurch können die qualitativen und quantitativen Folgen einer umfassenden Circular Economy in Deutschland abgeschätzt werden.“

Die wichtigsten Methoden und Modelle, die hierbei genutzt werden, sind

  • die Ökobilanzierung zur Abbildung der Produktperspektive,

  • Materialflussanalyse und Bottom-up-Simulationen zur Abbildung der Material-/Grundstoff-perspektive und

  • die makroökonomische Modellierung zur Berücksichtigung der gesamtwirtschaftlichen Perspektive.

Für jeden Sektor wurden Circular Economy-Maßnahmen, die sich an den Zielen der fünfstufigen Abfallhierarchie sowie 10-R-Strategien orientieren, definiert. Ziel war dabei, die obersten Stufen zur Abfallvermeidung (Vermeidung, Wiederverwendung, Reparaturen, Substitution) prioritär gegenüber den unteren (Recycling, energetische Verwertung, Beseitigung) zu behandeln. Insgesamt wurden 107 Circular Economy-Maßnahmen in elf Sektoren definiert.

Alle Maßnahmen wurden noch einmal bewertet unter anderem mit den Kriterien Umweltentlastungspotenzial, Auswirkungen auf Unternehmen und Verbraucher*innen, Zielkonflikte und Wechselwirkungen aber auch technologische Reife, Datenverfügbarkeit und die marktstrukturellen Voraussetzungen betrachtet. Die identifizierten Circular-Economy-Maßnahmen werden in der Modellierung weiter ergänzt und konsolidiert. Außerdem werden die wichtigsten ökologischen und sozio-ökonomischen Effekte der Maßnahmen ausgewertet.

Folgende Sektoren hat die Machbarkeitsstudie die folgenden Sektoren, Produkte und Materialien als relevant ermittelt:

Relevante Sektoren für die Circular Economy, Quelle: WWF/Öko-Institut

Siddharth Prakash leitet die Forschungsgruppe „Zirkuläres Wirtschaften & Globale Wertschöpfungsgruppen“ im Bereich „Produkte & Stoffströme“ am Öko-Institut und ist Experte für nachhaltigen Konsum und Ressourcen- und Abfallwirtschaft am Standort Freiburg. Clara Wisotzky arbeitet in der Öffentlichkeit & Kommunikation am Öko-Institut und hat sich für diesen Text mit den neuesten Forschungsergebnisse der Circular Economy beschäftigt.

 

Weitere Informationen

Studie „Modell Deutschland Circular Economy. Machbarkeitsstudie“ des Öko-Instituts

Spendenprojekt Circular Economy

Blogbeiträge zum Thema Circular Economy

Grafiken: Klimaschutz durch Circular Economy in Berlin

eco@work September 2022: Besser im Kreis. Wie funktioniert die Circular Economy?

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