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Erneuerbare Energien: Flexibilisierung der Netze kann Ausbau teilweise überflüssig machen

Wie könnte Strom aus erneuerbaren Energien schon jetzt, ohne auf den Netzausbau zu warten, zuverlässiger und in größeren Mengen auch überregional verteilt werden? Eine Antwort darauf geben zwei Experten des Öko-Instituts.

Der Ausbau erneuerbarer Stromerzeugung schreitet in Deutschland schnell voran. In den verbrauchernahen Verteilnetzen finden sich immer mehr Photovoltaik- und Windkraftwerke. Das kann problematisch sein, da diese Netze eigentlich für die Versorgung von Haushalten und Gewerbebetrieben geplant wurden. Es gibt bestehende Möglichkeiten das Stromnetz in Deutschland zu flexibilisieren. Wie, das erklären zwei Wissenschaftler des Öko-Instituts.

Heute soll in den verbrauchernahen Verteilnetzen immer öfter Strom für den überregionalen Stromtransport fließen. Verbrauchernah bedeutet, dass der Strom in der Nähe erzeugt wird, wo er auch verbraucht wird. Wird der Strom dort nicht benötigt, wird er abtransportiert. Bei zu viel Strom können die Netze an ihre Leistungsgrenze stoßen. Dann kommt es zu einem Netzengpass, das heißt, noch mehr Strom im Netz würde die Temperatur der Leitungen erhöhen und sie beschädigen.

Grüner Strom wird heute noch abgeschaltet

Heute schaltet der Netzbetreiber erneuerbare Energien ab, wenn sie nicht mehr ins Netz passen. Dabei geht wertvoller erneuerbarer Strom verloren. Unter Umständen müssen Kohle- und Gaskraftwerke einspringen, um den verloren gegangenen Strom zu ersetzen. Mehr Emissionen sind die Folge. Um dies zu verhindern, sollen im Stromnetz in Zukunft neue Leitungen gebaut werden. Erneuerbarer Strom könnte dann leicht an sein Ziel transportiert werden. Der Stromnetzausbau ist allerdings ein langwieriger Prozess mit vielen formellen Anforderungen und Beteiligungsverfahren.

Damit der Ausbau erneuerbarer Energien nicht auf das Stromnetz warten muss, benötigen die Netzbetreiber zukünftig Flexibilität. Diese kann durch den flexiblen Stromverbrauch von Haushalten oder Industriebetrieben und den Einsatz von Batteriespeichern oder Blockheizkraftwerken erreicht werden. Diese können ihr Verhalten an die Menge des erneuerbaren Stroms im Netz anpassen. Es entsteht so mehr Platz im Netz. Wind- und Photovoltaik-Kraftwerke müssen dann nicht abgeschaltet werden und Kohlekraftwerke nicht an. Unterstützt diese Flexibilität das Netz, ist von einem sogenannten netzdienlichen Einsatz die Rede. Bis der Ausbau des Netzes fertig wäre, kann die Zeit damit überbrückt werden. Im besten Fall wird der Netzausbau sogar teilweise überflüssig.

 

Technisch möglich, rechtlich noch nicht

Flexibilität ist bereits heute technisch dazu in der Lage, das Netz zu unterstützen, indem sie sich an die Erzeugung erneuerbarer Energien anpasst. Es gibt aktuell jedoch noch keinen Mechanismus, der es Netzbetreibern ermöglicht, auf diese Flexibilität zuzugreifen. In Forschungsprojekten werden verschiedene Mechanismen erarbeitet. Besonders Marktplätze werden diskutiert. Neben flexiblen Kraftwerken sollen Haushalte, Gewerbebetriebe oder Speicher ihre Flexibilität dort anbieten können. Diese stehen auf dem Marktplatz in einem Wettbewerb um einen Einsatz für das Netz. Bei Bedarf sucht sich der Netzbetreiber die kostengünstigste Flexibilität und setzt diese ein.

Damit es solche Märkte allerdings geben darf, bedarf es rechtlicher Änderungen. Daher gibt es auch Überlegungen für Ansätze, die bereits heute einfach umzusetzen sind. Ein Vorschlag ist, dass es einen engen Informationsaustausch zwischen Netzbetreibern und einzelnen Anbietern von Flexibilität gibt. Diese können dann schnell auf die Gegebenheiten im Netz reagieren. Solche Lösungen sind jedoch eher für einzelne Anwendungen gedacht. Nicht alle deutschen Netzprobleme lassen sich hiermit lösen.

Papier: „Flexibilität für das Netz

Da in Politik und Wissenschaft viele unterschiedliche Modelle diskutiert werden, um Probleme im Stromnetz zu lösen, haben wir das Papier „Flexibilität für das Netz“ verfasst. Das Papier wurde im Auftrag des Bundesforschungsministeriums erstellt und es führt Vorschläge zusammen, die Flexibilität für das Netz bereitstellen. Es soll so einen Überblick über die verschiedenen Optionen bieten. Im Fokus stehen Flexibilitätsmärkte.

Da sich die verschiedenen Ansätze auf den ersten Blick ähneln, werden Unterschiede und Gemeinsamkeiten dargestellt. Abschließend werden die Ansätze bewertet und verglichen. Beurteilt werden unter anderem die Wirtschaftlichkeit und die Zielerreichung dieser Ansätze.

Das Papier „Flexibilität für das Netz – Vergleich und Bewertung von Koordinationsmechanismen für den netzdienlichen Einsatz von Flexibilität“ steht hier zum Download.

Moritz Vogel und Dr. Dierk Bauknecht sind Experten für die Integration erneuerbarer Energien in das Energiesystem und arbeiten im Bereich „Energie & Klimaschutz“ am Standort Freiburg.

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