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„Kontinuität ist das Motto“

Wissenschaft gut managen, das war Susanne Fröschls zentrales Anliegen in der Geschäftsführung am Öko-Institut. Jetzt verlässt sie das Institut nach acht Jahren. Im Gespräch mit ihrem Nachfolger André Nelius spricht sie über neue Arbeitsweisen seit der Corona-Pandemie, gelungene Transformationen im Wissenschaftsbetrieb und Herausforderungen für die Zukunft.

Vom 1. März 2015 bis zum 28. Februar 2023 Geschäftsführerin beim Öko-Institut – nach genau acht Jahren verlässt Du, liebe Susanne, das Institut. Im Rückblick, welche großen Themen hast Du im Wissenschaftsmanagement bearbeitet?

Öko-Institut Jahrestagung 2022, Susanne Fröschl, Quelle: Öko-Institut Susanne Fröschl auf der Jahrestagung des Öko-Instituts 2022

Susanne: Ich bin in einer Zeit im Öko-Institut eingestiegen, in der die Institutskoordination, also die Verwaltungseinheit am Institut, sehr engagiert, aber verhältnismäßig klein war. Sie hat funktioniert, gleichzeitig wurden aber Verwaltungsaufgaben teilweise in den wissenschaftlichen Bereichen erledigt. Das war den Anforderungen aus der Gründungszeit geschuldet, wo es einfach kein Geld und kaum Kapazitäten für Verwaltungsaufgaben gab, sodass Wissenschaftler*innen solche Aufgaben mit übernommen haben.

Mit dem bis dahin sehr stark gewachsenen Institut und zugleich gestiegenen externen Anforderungen, etwa an das Vertragsmanagement, kam das an eine Grenze und musste weiterentwickelt, aber auch modernisiert werden. Solche großen Aufgaben haben wir in den vergangenen Jahren in Angriff genommen, um das Institutsmanagement sehr gut und solide aufzustellen.

Die letzten drei Jahre waren für uns alle im Arbeitsalltag sehr besonders und stark geprägt von Einschränkungen, aber auch von neuen Arbeitsweisen durch die Corona-Pandemie. Was waren aus Deiner Sicht besondere Herausforderungen und wie hat sich das Öko-Institut dem gestellt?

S.: Wie für alle anderen hat die Corona-Pandemie für uns von einem Tag auf den anderen alles verändert. Wir haben fast vollständig aus dem Homeoffice gearbeitet und rückblickend kann man sagen, dass wir dafür sehr gut aufgestellt waren. Denn wir hatten zum Jahreswechsel 2019/2020 die technischen Voraussetzungen dafür schon geschaffen. Office 365 inkl. MS Teams war bei allen Kolleg*innen auf den Rechnern installiert, alle konnten über VPN auf die Server des Instituts zugreifen und fast alle Mitarbeiter*innen waren mit Laptops ausgestattet.

Solche IT-Standards haben uns den Übergang sehr erleichtert. Gleichzeitig waren viele, vor allem natürlich unsere wissenschaftlichen, Mitarbeiter*innen, das mobile und flexible Arbeiten vorher schon gewohnt. In der Bahn oder im Hotel arbeiten während einer Dienstreise, Teamtreffen an einem anderen Standort – das war für uns nicht neu, mit den neuen IT-Tools konnten wir das aber seither viel einfacher und mit mehr Möglichkeiten umsetzen.

Denn die wichtige Frage für uns war ja im Frühjahr 2020: Bleiben wir gut arbeitsfähig? Und die konnten wir zum Glück, dank guter Vorarbeit, klar mit JA beantworten!

Was haben wir während dieser Zeit, trotz allen Härten, gelernt?

S.: Die Situation war ja für uns alle neu und wir hatten vor allem die Sorge: Bleiben alle Mitarbeiter*innen gesund? In dieser Zeit der großen Unsicherheiten haben wir uns deshalb zuerst einmal gefragt, was wir tun können, etwa um besonders belasteten Mitarbeiter*innen zur Seite zu stehen. Wir erinnern uns an die Zeiten der intensiven Kinderbetreuung zu Hause… Es war toll zu sehen, wie alle Kolleg*innen es trotz der großen Belastung und auch persönlicher Sorgen ermöglicht haben, dass die inhaltliche Arbeit immer gemacht werden konnte und sich dabei gegenseitig sehr stark unterstützt haben.

Wir haben, wie der Rest der Republik, gelernt, mit Teams und Co. umzugehen, routiniert verschiedene technische Lösungen zu nutzen. Und wir haben gleichzeitig von Anfang an darauf geachtet, dass das Soziale nicht verloren geht. Wir sind also immer wieder im Austausch geblieben und die verschiedenen Teams haben sehr kreative Lösungen und auch Bezeichnungen für ihre virtuellen Treffen gefunden, ich sage nur „Montagsmorgen-Andacht“ ?…

… also spielt vor allem der gute persönliche Draht eine Rolle, den wir am Institut ohnehin zueinander haben?

André Nelius, Quelle: Öko-Institut André Nelius, Quelle: Öko-Institut

André: Ja, ich würde schon sagen, dass wir weiterhin so erfolgreich arbeiten konnten, weil wir einerseits durch die technischen Möglichkeiten weiterhin während der Lockdowns arbeitsfähig waren und anderseits trotz starker Belastungen den Kontakt zueinander nicht verloren haben. Gerade in unserer Institutskoordination waren ja nicht alle Kolleg*innen so sehr an das mobile Arbeiten gewöhnt und wir haben hier auch viele Prozesse, die noch Papier benötigen. Das war eine Herausforderung, die wir aber gut um-organisieren konnten.

S.: Da war Präsenz teilweise natürlich schon noch nötig, wobei uns in die Hände gespielt hat, dass der Großteil der Freiburger*innen ohnehin mit dem Fahrrad zur Arbeit fährt und auf keine anderen Verkehrsmittel angewiesen ist. Und dass wir schnell Bürobelegungen etc. neu organisiert haben, um das Ansteckungsrisiko zu verringern. Wir haben zügig einen Krisenstab und Notfallpläne aufgestellt, um für besonders drastische Entwicklungen, die zum Glück nie eingetreten sind, gut aufgestellt zu sein.

A.: Und: Wir haben uns zwar einerseits um unsere Arbeitsfähigkeit gesorgt, aber auch gehofft, dass unsere Auftraggeber und Projektpartner gesund bleiben und wir unsere Projekte rund um Klima- und Umweltschutz weiterhin gemeinsam gut bearbeiten können.

Welche Ambivalenzen habt Ihr in dieser Zeit gesehen und wie seid Ihr damit umgegangen?

S.: Wir arbeiten ja am Öko-Institut seit langem zum Thema nachhaltige IT und Digitalisierung – dazu gab es gerade letzte Woche auch einen neuen Podcast. Da empfehlen wir seit langem, Computer und andere digitale Geräte möglichst lange zu nutzen, gleichzeitig liegen Laptops beim ökologischen Fußabdruck hinter den Desktop-Computern. Während der Corona-bedingten Homeoffice-Zeiten waren nun aber Laptops zentral für unsere Arbeitsfähigkeit.

Wir mussten also nur wenige Laptops zusätzlich anschaffen, achten aber immer schon auf eine besonders lange Nutzungsdauer. Wir nutzen sie erst selbst fünf Jahre, dann eine weitere Zeit als Backup-Rechner für unsere Hilfskräfte und nach dem Ende der Support-Zeit geben wir sie für die private Nutzung unentgeltlich an unsere Mitarbeiter*innen weiter.

A.: Bei den Dienstreisen haben wir andererseits gesehen, dass wir während der Pandemie deutlich weniger unterwegs waren, was ja auch große Einsparpotenziale bei Treibhausgasen hat. Das Niveau hat sich zwar wieder normalisiert, aber gerade bei den Dienstreisen für kurze Meetings sehen wir einen signifikanten Rückgang, der anhält. Solche Kurz-Treffen werden heute in den virtuellen Raum verlagert – sowohl bei internen als auch bei externen Meetings. Das ist auf jeden Fall hilfreich, wie auch unsere wissenschaftlichen Studien zum Klimavorteil von Homeoffice zeigen.

S.: Das war auch lange eine Frage, was emittieren wir wieder durch Videokonferenzen an klimaschädlichen Treibhausgasen, was wir beispielsweise durch die vermiedene Dienstreise einsparen. Heute machen wir also Dienstreisen, wenn sie wichtig und notwendig sind und nutzen die tollen Möglichkeiten des virtuellen Raums – je nach Situation. Und ganz ehrlich, das viele Reisen kann auch anstrengend sein…

Für mich ist das insgesamt ein großes Thema, im Sinne der „Arbeit der Zukunft“: wie wir einen ausgewogenen Umgang in all diesen arbeitsbezogenen Fragen finden. Also auch zum Beispiel zur Frage, wie viele Büroflächen und welche Art von Arbeitsumgebungen es in Zukunft überhaupt noch geben wird – weniger wäre ja auch aus Umweltperspektive durchaus von Vorteil. Ich glaube, darüber werden wir auch gesamtgesellschaftlich in Zukunft noch debattieren. Und da ist bei uns am Institut durchaus Luft nach oben.

Und wie wird das aus Eurer Sicht im Öko-Institut nachhallen, insbesondere was die soziale Komponente ‚Begegnung‘ angeht?

A.: Ich denke, das Büro wird künftig als Begegnungsstätte wichtiger werden und nicht in erster Linie ein reiner Arbeitsort sein. Das ist zugleich eine Herausforderung, also solche Begegnungen zu ermöglichen und so zu gestalten, dass sie für die Mitarbeiter*innen wertvoll sind.

S.: Und man hat ja auch gesehen, dass Begegnungen in Präsenz – ob wissenschaftliche Jahrestagung, interne Mitarbeiter*innen-Tagung, Teamtreffen oder Weihnachtsfeiern – immer eine große Freude sind. Fast mehr als früher. Viele haben das jetzt erst so richtig zu schätzen gelernt.

Auf der anderen Seite haben wir auch während der letzten drei Jahre viele neuen Kolleg*innen eingestellt und das mobile Arbeiten insgesamt ausgeweitet. Also zum Beispiel Menschen eingestellt, die an einem anderen Ort als Freiburg, Darmstadt oder Berlin wohnen, also überwiegend von zuhause arbeiten – und mit ihnen zusammen neue Routinen entwickelt…

A.: … die wir jetzt auch als neue Vereinbarungen in unserer Betriebsvereinbarung ‚Mobiles Arbeiten‘ festhalten. So finden wir aus dem unfreiwilligen Experiment heraus Perspektiven für gute und flexible Arbeitsbedingungen der Zukunft am Öko-Institut.

S.: Und nicht zuletzt hat sich während der Pandemie für viele Menschen die Perspektive auf Arbeiten und Leben insgesamt verschoben. Der Wunsch nach Teilzeit ist gewachsen und das ist bei uns schon immer möglich gewesen – auch in diesem Sinne sind wir sicher Vorreiter gewesen.

Lass uns doch nochmal auf eine andere Ebene gehen – was braucht es aus Eurer Sicht, damit wissenschaftliche Arbeit gut gelingen kann?

S.: Früher war es am Öko-Institut üblich, dass Wissenschaftler*innen auch die Verträge verhandelt, mal eben ein Datenbanktool erfunden oder die Pressemitteilung zu den Studienergebnissen selbst verfasst haben. Doch seitdem jedes Jahr mehr als 300 Projekte von 140 Wissenschaftler*innen gestemmt werden, braucht es da natürlich viel mehr Entlastung und Unterstützung. Und das ist eben Aufgabe der Expert*innen in unserer Institutskoordination, die wir kurz IKO nennen.

A.: Wir haben in den letzten Jahren für solche Aufgaben eine hohe Professionalisierung erreicht – mit viel Spezialwissen und auch Übersetzungsfunktionen für externe Anforderungen und Regularien, die in den vergangenen Jahren zugenommen haben.

Ob Cybersicherheit in der IT, Arbeitsgesetzgebung im Personalbereich, Anforderungen bei Zuwendungen und Aufträgen oder vertragliche Besonderheiten bei komplexen EU-Forschungsvorhaben – all das müssen wir verstehen und für reibungslose Prozesse nach innen und exzellente wissenschaftliche Arbeit nach außen sorgen.

S.: Das Übersetzen bezieht sich aber auch auf die Kommunikation unserer wissenschaftlichen Ergebnisse, die wichtiger Teil unseres Vereinszwecks ist. Also auf alle Aufgaben unserer IKO.

Wo ist das Öko-Institut da gut aufgestellt und wo werden wir weiter an unseren Strukturen und Prozessen arbeiten?

Öko-Institut Jahrestagung 2022, Susanne Fröschl, Quelle: Öko-Institut Susanne Fröschl auf der Jahrestagung des Öko-Instituts 2022

A.: Wie gesagt, sind wir in allen zentralen Arbeitsfeldern von ‚Verwaltung‘ – das heißt bei der IT, beim Personal, der Vertragsgestaltung und bei den Finanzen – sehr gut aufgestellt. Beim Thema Digitalisierung unserer Arbeitsprozesse liegen aber sicher noch Entwicklungsschritte vor uns. Das geht durchaus vielen vergleichbaren Organisationen ebenso. Doch auch hier: Grundsätzlich stehen wir da schon sehr gut da, wir haben zum Beispiel zuletzt das familyNET-Prädikat „Familienbewusstes Unternehmen + ausgezeichnet digital“ erhalten. Aber gerade in Zusammenarbeit mit den öffentlichen Auftraggebern steht noch einiges an, etwa wenn Behörden und Ministerien vollumfänglich die E-Akte einführen und Verträge endlich durchgängig digital und rechtssicher unterschrieben werden können. Dann müssen wir wieder eigene, bereits digitale Prozesse auf Anschlussfähigkeit prüfen.

S.: Auch beim Thema IT-Sicherheit müssen wir uns stetig weiterentwickeln, um auf ständig neue Risiken gut vorbereitet zu sein. Wir haben da seit jeher ein umsichtiges und weitgehendes IT-Management betrieben, was natürlich auch zu Einschränkungen für die Mitarbeiter*innen führt, zum Beispiel kann sich nicht jeder jedes neue digitale Tool selbst am Rechner installieren. Aber gerade auf diesem Feld, wo es so schnelle Entwicklungen gibt, müssen wir beim Thema Sicherheit immer Schritt halten, um nicht eines Tages von Hackerangriffen oder ähnlichem lahmgelegt zu werden.

André, Du wirst zum 1. März Susannes Position übernehmen. Bislang hast Du das Referat Finanz- & Rechnungswesen geleitet – welche Aufgaben von Susanne wirst Du weiterführen?

A: Neben den genannten Digitalisierungsprozessen gehen natürlich alle Entwicklungen weiter, die mit Schnittstellen etwa zwischen der wissenschaftlichen Arbeit und rechtlichen, finanziellen, personellen und anderen organisatorischen Belangen zu tun haben. Diese Prozesse des Wissenschaftsmanagements führen wir weiter und auch bei der Bearbeitung von strategischen Fragen ist Kontinuität unser Motto.

Susanne Fröschl wird im Frühjahr 2023 in ihre Heimat Österreich zurückkehren, die sie 2015 für das Öko-Institut verlassen hat und sich dort neuen privaten und beruflichen Themen widmen. André Nelius übernimmt die Position des Geschäftsführers mit Schwerpunkt auf das strategische Management und die Organisationsentwicklung. Er verantwortet das Referat Finanz- & Rechnungswesen kommissarisch weiter, bis eine neue Leitung eingestellt wird. Mandy Schoßig führte das Gespräch und wünscht beiden für den Start das Beste. Sie leitet die Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit des Öko-Instituts.

Weitere Informationen

Die Geschäftsführung des Öko-Instituts im Überblick

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