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Teilwarmmieten für einen sozialgerechten Klimaschutz in Gebäuden?

Mit Teilwarmmieten können für Mieter*innen und Vermieter*innen finanzielle Anreize entstehen, die zum Energiesparen führen. Wie das Modell der Teilwarmmieten funktioniert und warum sie dieses nicht uneingeschränkt empfiehlt, erklärt Dr. Sibylle Braungardt in diesem Beitrag.

Das Mieter-Vermieter-Dilemma

Gebäudeeigentümer*innen investieren in energetische Modernisierungen. Daraus resultierende Energieeinsparungen kommen aber direkt und ausschließlich den Mieter*innen zugute. Im Gegenzug können Vermieter*innen die Sanierungskosten über die sogenannte Modernisierungsumlage auf die Mieter*innen umlegen (bis zu acht Prozent der Kosten jährlich, maximal zwei bzw. drei Euro pro Quadratmeter). Eine „Teilwarmmiete“ soll – laut Koalitionsvertrag – dieses sogenannte Mieter-Vermieter-Dilemma überwinden.

Wie Teilwarmmieten wirken

Bei einer Teilwarmmiete werden die Heizkosten vollständig oder teilweise von den Vermieter*innen gezahlt. Dadurch besteht für sie ein Anreiz, in energetische Sanierungen zu investieren, weil die Heizkosten dann fallen. Gleichzeitig sollen Teilwarmmieten aber Mieter*innen für sparsames Heizen motivieren, und zwar indem weiterhin verbrauchsabhängig abgerechnet wird. (Wie das funktioniert, erkläre ich im nächsten Abschnitt.)

Das Teilwarmmietenmodell unterscheidet sich damit beispielsweise von dem reinen Warmmietenmodell, wie es in Schweden verbreitet ist. Dort zahlen die Vermieter*innen in der Regel die Heizkosten vollständig. Diese werden nicht einzeln erfasst und abgerechnet. Die Heizkosten sind somit pauschal Teil der Miete und es besteht kein Anreiz für Mieter*innen sich energiesparend zu verhalten.

Wie die verbrauchsabhängige Abrechnung der Heizkosten funktioniert

In Deutschland werden die Heizkosten in Mehrfamilienhäusern je nach Verbrauch der einzelnen Wohnungen abgerechnet. Das heißt, dass Haushalte, die mehr heizen, auch mehr zahlen. Das genaue Vorgehen für die Abrechnung ist in der Heizkostenverordnung festgelegt. Der Verbrauch in den einzelnen Wohnungen wird dabei mit Hilfe von Wärme-Mengenzählern oder Heizkostenverteilern ermittelt. Die verbrauchsabhängige Abrechnung der Heizkosten ist auch EU-weit vorgeschrieben als Teil der EU-Energieeffizienzrichtlinie.   

In Heizkostenverteilern werden Einheiten gemessen, über die sich der anteilige Verbrauch der Wohnungen berechnen lässt. Insgesamt müssen 50 bis 70 Prozent der Heizkosten verbrauchsabhängig verteilt werden. Die übrigen Kosten werden nach der Wohnfläche verteilt.

Die verbrauchsabhängige Abrechnung soll auch bei einer Teilwarmmiete beibehalten werden, damit Mieter*innen weiterhin von ihrem sparsamen Verhalten profitieren. Wie der Name schon sagt, sollen allerdings die Heizkosten teilweise oder vollständig von den Vermieter*innen getragen werden. Die verbrauchsabhängige Abrechnung kommt dort nur für die Differenz zum Durchschnittsverbrauch zur Anwendung: Haushalte, die überdurchschnittlich viel heizen, müssen einen entsprechenden Betrag bezahlen (Abbildung 2 rot), Haushalte, die weniger als der Durchschnitt heizen, bekommen eine Gutschrift (Abbildung 2 grün).

Die Abbildungen 1 und 2 zeigen einen Vergleich zwischen dem derzeitigen Modell der Heizkostenabrechnung und einer Teilwarmmiete. Als Rechenbeispiel dient ein Mehrfamilienhaus mit sechs Wohnungen.

Rechenbeispiel: Mehrfamilienhaus mit sechs Wohnungen

  • Energieverbrauch im Gebäude: 140 kWh/qm

  • Wohnfläche der einzelnen Wohnungen: 70 qm

  • Heizkosten des Gesamtgebäudes: 7.056 Euro/Jahr (12 ct/kWh)

  • Anteil der verbrauchsabhängig verteilten Heizkosten: 70 Prozent (Die verbleibenden 30 Prozent werden über die Wohnfläche verteilt.)

  • Summe der Einheiten aller Heizkostenverteiler: 60.000 (im Durchschnitt 10.000 Einheiten pro Wohnung).

Abbildung 1 zeigt die verbrauchsabhängige Abrechnung im derzeitigen Modell für das Beispielgebäude: Die Heizkosten werden vollständig von den Mietenden getragen, die Verteilung hängt vom Verbrauch in den einzelnen Wohnungen ab.

Verbrauchsabhängige Abrechnung der Heizkosten im derzeitigen Modell, Quelle: Öko-Institut

Die verbrauchsabhängige Abrechnung im Teilwarmmietenmodell zeigt Abbildung 2: Hier werden die Heizkosten von den Vermieter*innen getragen; die verbrauchsabhängige Abrechnung gleicht nur die Abweichungen zum Durchschnittsverbrauch aus (grün: Gutschrift; rot: Zahlung). Die fixen Grundheizkosten sind in der Abbildung nicht dargestellt.

Was sich beim Umstieg auf eine Teilwarmmiete ändern würde

Beim Umstieg auf ein Teilwarmmietenmodell wird festgelegt, dass die Heizkosten ab dem Zeitpunkt der Umstellung von den Vermieter*innen gezahlt werden. Im Gegenzug müssen Mieter*innen an ihre jeweiligen Vermieter*innen zusätzlich zur bestehenden Miete jeden Monat einen festen Betrag bezahlen, der den durchschnittlichen Heizkosten vor dem Zeitpunkt der Umstellung entspricht. Dieser Betrag wird als „Grundheizkosten“ bezeichnet und berechnet sich aus den Energieverbräuchen in den Jahren vor der Umstellung.

Bei gleichbleibenden Energiepreisen ändert sich beim Umstieg auf eine Teilwarmmiete zunächst nichts: Auf Mietenden-Seite werden die wegfallenden Heizkosten durch die neu hinzukommenden Grundheizkosten ausgeglichen. Vermieter*innen zahlen die neu zu zahlenden Heizkosten aus den Einnahmen aus den Grundheizkosten.

Interessant wird es, wenn sich die Energiepreise verändern:

Wenn die Energiepreise steigen, erhöhen sich die Heizkosten, die Vermieter*innen an den Energieversorger zu zahlen haben. Die Grundheizkosten, die die Mieter*innen an die Vermieter*innen zahlen, bleiben hingegen konstant. Der Kostenanstieg geht also zu Lasten der Vermieter*innen. Umgekehrt profitieren Vermieter*innen von sinkenden Energiepreisen, da Mieter*innen weiterhin die höheren Grundheizkosten zahlen.

Eine weitere wichtige Änderung ergibt sich, wenn das Gebäude saniert wird:

Dies liegt einerseits daran, dass Vermieter*innen von den eingesparten Heizkosten profitieren. Andererseits soll im Zuge der Einführung einer Teilwarmmiete der bisherige Rechtsrahmen für Mieterhöhungen nach energetischen Sanierungen angepasst werden: Laut Koalitionsvertrag soll die Modernisierungsumlage für energetische Maßnahmen bei Einführung einer Teilwarmmiete wegfallen. Um zu verstehen, was dies für Mietende und Vermietende bedeutet, schauen wir uns im nächsten Abschnitt an, wie die Kosten für energetische Sanierungen bisher verteilt werden und was sich ändert.

Wer energetische Sanierungen bisher zahlt und was sich ändern würde

Vermieter*innen können bisher die Kosten für energetische Sanierungen auf Mieter*innen umlegen, da die Mieten nach einer Sanierung erhöht werden können (Modernisierungsumlage). Voraussetzung dafür ist, dass nach der Sanierung Endenergie eingespart wird. Einerseits profitieren Mieter*innen somit nach einer Sanierung von den niedrigeren Heizkosten, müssen andererseits aber mit einer Mieterhöhung aufgrund einer Modernisierungsumlage rechnen (siehe Abbildung 3).

Bei einer Teilwarmmiete ändert sich bei einer Sanierung für Mieter*innen hingegen nichts: Mietende profitieren nicht von den sinkenden Heizkosten, müssen aber durch die Abschaffung der Modernisierungsumlage auch nicht mit Mieterhöhungen rechnen. Sanierungen sind somit im Teilwarmmietenmodell „warmmietenneutral“.

Für Vermietende ändert sich durch die wegfallende Modernisierungsumlage die Wirtschaftlichkeit energetischer Sanierungen deutlich: Sanierungen sind nur dann wirtschaftlich, sofern die Investition vollständig durch die eingesparten Heizkosten kompensiert wird.

Werden Teilwarmmieten einen Beitrag zum sozialverträglichen Klimaschutz leisten?

Es kommt darauf an! Die Auswirkungen eines Umstiegs auf Teilwarmmieten hängen stark von der genauen Ausgestaltung und den Rahmenbedingungen ab. Aus Sicht der Mieter*innen bietet das Modell den Vorteil, dass energetische Sanierungen grundsätzlich warmmietenneutral sind bei Ablösung der Modernisierungsumlage durch eine Teilwarmmiete.

Umgekehrt fällt für Vermieter*innen mit der Modernisierungsumlage ein Instrument zur Refinanzierung von energetischen Sanierungen weg. Diese sind aber für den Klimaschutz notwendig. Im Teilwarmmietenmodell sind Sanierungen für Vermietende wie oben beschrieben nur dann wirtschaftlich, wenn sie sich über die Heizkosteneinsparungen refinanzieren. Teilwarmmieten können daher nur dann einen Beitrag zum Klimaschutz im Gebäudesektor leisten, wenn durch auskömmliche finanzielle Förderung und ordnungsrechtliche Anforderung die entsprechenden Rahmenbedingungen geschaffen werden.   

Dr. Sibylle Braungardt ist Expertin für Klimaschutzpolitik im Gebäudebereich und arbeitet im Bereich Energie und Klimaschutz am Standort Freiburg.

Weitere Informationen

Pressemitteilung „Teilwarmmieten für die Wärmewende? Ja, aber…“ (link ergänzen)

Studie “Kurzgutachten Warmmietenmodelle“

Studie „Teilwarmmietenmodelle im Wohnungsmietrecht als geeignetes Anreizinstrument zum Klimaschutz? Kurzstudie zur rechtlichen und praktischen Machbarkeit“

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