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Wald: Mit Klimaschutzleistung Geld verdienen statt nur mit Holz

Die zwei Millionen Waldbesitzer*innen in Deutschland können ihr Geld bisher nur mit dem Verkauf von Holz verdienen. Eine Forschungsgruppe des Öko-Instituts empfiehlt, ein Anreizsystem zu schaffen, das auch Klimaschutz- und Biodiversitätsleistungen des Waldes finanziell honoriert.

Der Beitrag ist zuerst im Blog transforming economies erschienen.

Das vorgeschlagene Anreizsystem, das Klimaschutz- und Biodiversitätsleistungen des Waldes finanziell honorieren soll, ruht auf zwei Säulen:

  1. Es fördert einerseits direkt die Einhaltung von zusätzlichen Regeln für eine ökologische Waldwirtschaft und

  2. stellt andererseits über ein marktwirtschaftliches Zertifikatssystem zusätzliche Finanzierung für den Klimaschutz im Wald bereit.

Wie ein solches modulares Anreizsystem aussehen kann, beschreibt das Öko-Institut zusammen mit Wissenschaftler*innen aus Forst- und Naturwissenschaft sowie Jurist*innen in einer aktuellen Studie im Auftrag des Umweltbundesamtes

Erste Säule: Förderung für zusätzlichen Waldschutz

Um eine Basisförderung zu erhalten, müssen Waldbesitzende oder Forstbetriebe bei der Bewirtschaftung ihrer Waldfläche Grundanforderungen erfüllen. Dazu gehören eine naturnahe Entwicklung auf mindestens zehn Prozent der Waldfläche auf der keine Holzentnahme stattfindet, der Erhalt einer gesunden Bodenstruktur zum Beispiel durch weite Abstände beim Befahren der Waldfläche, eine natürliche Verjüngung der Bäume ohne Aussaat und Pflanzungen soweit dies möglich ist sowie der Verbleib von mehr Totholz bei der Ernte im Wald.

Stellen sie zusätzliche Anforderungen sicher, wie den Erhalt besonders alter Bäume zugunsten der Artenvielfalt, das Verbleiben von zusätzlichem Totholz von auf natürliche Weise abgestorbenen Bäumen im Wald oder ein aktiver Rückbau von Entwässerungssystemen, können sie eine Zusatzförderung erhalten.

Insgesamt findet die Förderung der ersten Säule im sogenannten Beihilferahmen der EU statt. In diesem sind Zahlungen an Betriebe gedeckelt, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Erhalten die forstlichen Betriebe, die sich beteiligen wollen, bereits andere Beihilfen, so muss diese angerechnet werden. Insgesamt kann der Staat über diese Form der Honorierung oft nicht viel mehr als 100 Euro pro Hektar zahlen. Zu wenig, um den geringeren Nutzen oder Mehrkosten von Maßnahmen zu kompensieren

Zweite Säule: Wald-Zertifikate für mehr Klimaschutz

Die Einhaltung der Kriterien der Basisförderung berechtigt im vorgeschlagenen Modell nicht nur zum Erhalt von Förderung. Sie erlaubt auch den Zugang zur zweiten Säule des Anreizsystems, dem privatwirtschaftlichen Zertifikatehandel. Dabei erhalten Waldbesitzende Zertifikate zugeteilt, die sie an andere private oder staatliche Unternehmen oder auch Privatpersonen verkaufen können. Die Menge der Zertifikate orientiert sich an der Fläche der Betriebe aber auch an der Menge an Kohlenstoff, die durch den Wald aufgenommen und gespeichert wird. Da die Messung der Kohlenstoffspeicherung relativ aufwendig ist, schlagen wir vor mit der Hilfe von Satellitendaten und der staatlichen Bundeswaldinventur die Kohlenstoffspeicherung für bestimmte Waldregionen abzuschätzen.

Durch den Verkauf der Zertifikate werden zusätzliche Einnahmen generiert, die Mehrkosten und Nutzeneinbuße teilweise ausgleichen, zusätzlich zur Förderung. Somit wird es attraktiver, auf einen Teil der Holzernte zu verzichten. Die Waldzertifikate sollten nicht zur Kompensation genutzt werden können, wie dies zurzeit im freiwilligen Kohlenstoffmarkt üblich ist. Stattdessen können teilnehmende Unternehmen mit ihrem Umweltengagement werben. Es ist auch denkbar, dass Unternehmen, die Zertifikate kaufen, dadurch Zugang zu Subventionen bekommen. Das würde auch die Anreizwirkung des Zertifikatehandels erhöhen

Anreize schaffen für Klimaschutz und Biodiversität

Wälder erbringen Leistungen fürs Klima und die Artenvielfalt:

  • Sie speichern unter anderem klimaschädliches CO2 und

  • produzieren Sauerstoff,

  • sind Lebensraum für Pflanzen und Tiere,

  • filtern Wasser und verhindern das Erodieren von Böden.

Wälder besonders zu schützen und langfristig ökologisch zu nutzen, trägt deshalb direkt zum Klimaschutz und zum Erhalt von Biodiversität bei. Waldbesitzenden, die ihren Wald ökologischer bewirtschaften, als die Gesetze es vorgeben, verdienen derzeit oft weniger Geld. Denn sie ernten und verkaufen weniger Holz oder setzen weniger auf Massenproduktion.

Waldbesitzer*innen brauchen Planungssicherheit bei der Bewirtschaftung ihrer Flächen. Ein Anreizsystem muss sicherstellen, dass Betriebe für ihre Klimaschutz- und Biodiversitätsleistungen im Wald finanziell honoriert werden. Gleichzeitig muss es einfach und nachvollziehbar strukturiert sowie mit attraktiven Erlösen ausgestattet sein, die langfristig sichergestellt werden. Unser Vorschlag für ein Anreizsystem baut auf dem bestehenden Fördersystem auf und integriert Marktmechanismen, die wissenschaftlich basiert und juristisch valide zeitnah umgesetzt werden können.

Auch die Art der Holznutzung ist entscheidend für effektiven Klimaschutz

Wird der Wald weniger intensiv genutzt und verbleibt durch das Wachstum der Bäume mehr Kohlenstoff im Wald als entnommen wird, stellt der Wald eine Senke für Kohlenstoff dar. Jeder Kubikmeter entnommenes Holz reduziert die Waldsenke in Deutschland um etwa 0,6 bis 1,7 Tonnen CO₂. Dies lässt sich aus Szenarienvergleichen und Modellversuchen ableiten. Der vom Öko-Institut berechnete sogenannte CO2-Speichersaldo ist unter anderem vom Zustand des Waldes abhängig. Ist der Wald jung und stark wachsend und hat auch Potenzial alt zu werden und viel Kohlenstoff zu binden – zum Beispiel junge Mischwälder –, ist der CO₂-Speichersaldo hoch. Dies ist mit ein Grund, warum es notwendig ist, instabile Wälder – zum Beispiel ältere geschwächte Nadelwälder – zu klimaresilienteren Laub- und Mischwäldern umzubauen.

Die Holzernte hat nicht nur Auswirkungen auf den Wald. Bei Ernte, Transport und Produktion von Holzprodukten werden Treibhausgase freigesetzt. Mit Holzprodukten können andererseits aber auch CO₂-intensive Stoffe und Energiequellen ersetzt und so der Treibhausgasausstoß verringert werden.

Eine Holznutzung ist aus Sicht der Atmosphäre nur dann sinnvoll, wenn die Treibhausgas-Emissionen des Holzprodukts geringer sind als die Alternativen, die sich bieten.

Während im Holzbau der Kohlenstoff noch lange durch das verbaute Holz zurückgehalten wird, setzt Energieholznutzung das gebundene CO2 direkt wieder frei. Zudem stellen Dämmung und der Einsatz von Wärmepumpen Alternativen dar, die deutlich weniger Emissionen bedeuten würden. Deshalb sollte die Energieholznutzung zukünftig eingeschränkt werden und der wertvolle Rohstoff Holz vor allem in langlebige Produkte gehen, die helfen, den Energieverbrauch zu senken. Die EU-Kommission hat im Dezember einen Vorschlag vorgelegt, wie Holzprodukte und andere Produkte, aus Biomasse zertifiziert werden könnten, um auch deren Speicherwirkung in Zukunft in Wert zu setzen.

Dr. Hannes Böttcher ist Senior Researcher im Bereich Energie & Klimaschutz am Standort Berlin. Ein Arbeitsschwerpunkt sind Biomassepotenziale aus Land- und Forstwirtschaft

Weitere Informationen

Podcast "Wenden bitte!" des Öko-Instituts zum Thema: „Ist der Wald noch zu retten?“

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